Grenzgröße

Formelsammlung zur Grenzgrößenbestimmung

 

1)   Formeln für die visuelle Grenzgröße (mit bloßem Auge (mv) und Teleskop/Okular (mg)):

Um Sterne sehen zu können, müssen diese einen ausreichenden Kontrast zum Himmelshintergrund aufweisen. Der jeweilige Stern muss dabei heller sein als das Himmelsleuchten. Hinzu kommen auch die Pupillenöffnung und die Vergrößerung des Teleskops. Die Pupillenöffnung ist vom Alter abhängig und kann für eine entspannte Pupille bei Nacht mit folgender Formel ermittelt werden: (https://articles.adsabs.harvard.edu/pdf/1990PASP..102..212S (Seite 213, Formel 5))

‚A‘ ist dabei das Alter der beobachtenden Person.

 

Bei der Beobachtung von Sternen wird die Magnitudenskala verwendet (eine genaue Beschreibung zu dieser Skaleneinteilung ist im Abschnitt ‚Grundlagen‘ – ‚Physikalische Größen‘ – ‚Objektphotonen und optimale Belichtungszeit‘ zu finden). Die Grenzgröße gibt die größte Magnitudenzahl (Helligkeit eines Sterns/Objekts) an, die gerade noch wahrnehmbar ist.

 

I)   Visuelle Grenzgröße (mv / mg) nach R. Pogson

Norman Robert Pogson stellte zur Bestimmung der visuelle Grenzgröße im 19. Jahrhundert eine Formel auf (https://fr.wikipedia.org/wiki/Magnitude_limite_visuelle), die sowohl für das bloße Auge als auch für die Teleskopnutzung angewendet werden kann. Jedoch ist diese eine stark verallgemeinerte Formel, da hier nur die Pupillen- bzw. Teleskopöffnung als Variable eingeht.

Eine ähnliche Formel ist auch in diesem Wikipediaeintrag aufgeführt: (https://nl.wikipedia.org/wiki/Grensmagnitude)

Für ‚D‘ wird je nach Formel dann entweder der Pupillendurchmesser oder die Teleskopöffnung in mm bzw. cm eingegeben.

Bei einem 6 mm Pupillendurchmesser (ca. 55-jähriger Beobachter) ergibt dies eine visuelle Grenzgröße von:

Für ein Teleskop mit einer 250 mm Öffnung ergibt dies eine Grenzgröße von:

 

II)   Visuelle Grenzgröße (mv) nach B. E. Schaefer

Für eine genauere Bestimmung der visuellen Grenzgröße unter Berücksichtigung der Himmelshelligkeit und der Atmosphäre ist diese Formel von B. E. Schaefer hilfreich: (https://articles.adsabs.harvard.edu/pdf/1990PASP..102..212 (Seite 215, Formel 18))

wobei:

Fs – Sensitivität des Beobachters bei der Erkennung von Punktquellen (1 – normal, < 1 besser, > 1 schlechter)
kv – Reduzierung der Helligkeit durch die Atmosphäre in mag (Atmosphärische Extinktion – Erklärung und Bestimmung wird ausführlich im Abschnitt ‚Ermittlung der optimalen Belichtungszeit‘ behandelt)
Bs – Himmelshelligkeit in nL (nano Lambert)

Zur Bestimmung der Himmelshelligkeit ‚Bs‘ kann ein Sky-Quality-Meter (https://en.wikipedia.org/wiki/Sky_quality_meter) oder für Näherungswerte die Seite https://www.lightpollutionmap.info/ herangezogen werden. Mit beiden Verfahren werden Werte in mag/arcsec² ausgegeben. Um diese in die benötigte Einheit nL (nano Lambert) umzuwandeln, kann folgende Formel verwendet werden (https://articles.adsabs.harvard.edu/pdf/1990PASP..102..212S, Seite 215, Formel 17):

Beispielrechnung:

Fs = 0,8 (für einen leicht geübten Beobachter)
kv = 0,23 mag (Helligkeitsreduzierung durch die Atmosphäre im Zenit)
Bs = 215 nL für eine Himmelshelligkeit von 20,5 mag/arcsec²

Die Öffnung (Eintrittspupille) eines Teleskops ist größer als die Pupille des menschlichen Auges. Das Teleskop sammelt also mehr Licht und bündelt es an der Austrittspupille (am Ende des Okulars), wo sich die Pupille des Beobachters befindet. Das Ergebnis ist eine erhöhte Beleuchtungsstärke - die Sterne werden de facto aufgehellt. Gleichzeitig wird durch die eingestellte Vergrößerung (abhängig vom verwendeten Okular) der Himmelshintergrund verdunkelt (Leuchtdichteverringerung). Daher werden Sterne, die normalerweise für das bloße Auge unsichtbar sind, mittels des Teleskops sichtbar. (https://en.wikipedia.org/wiki/Limiting_magnitude)

 

III)   Allgemeine Formel zur visuellen Grenzgröße (mg)

Im Laufe der Geschichte der visuellen Himmelsbeobachtung haben sich viele Formeln zur Annäherung der Grenzgröße entwickelt. Eine, die sowohl die Teleskopöffnung, als auch den Pupillendurchmesser beinhaltet, lautet: (https://de.wikipedia.org/wiki/Scheinbare_Helligkeit)

wobei:

mv – Eigene visuelle Grenzgröße (siehe Formeln oben)
D – Teleskopöffnung
De – Pupillendurchmesser

Wird mit mv = 6,04 das Ergebnis von Schaefer, für D = 250 mm und für De = 6 mm eingesetzt, ergibt das folgende Grenzgröße:

 

IV)   Visuelle Grenzgröße (mg) nach H. Feijth und G. Comello

Eine sehr praktische Formel, die nicht nur auf theoretischen Grundlagen, sondern auf über 100.000 Beobachtungen beruht, wurde von Henk Feijth und Georg Comello Mitte der 1990er Jahre entwickelt und taucht seitdem in verschiedenen Foren auf. In dieser wird im Gegensatz zu den anderen Formeln, die das Teleskop mit einbeziehen, die Obstruktion, die Vergrößerung und die Transmission des Teleskops mitberücksichtigt. (https://www.y-auriga.de/astro/formeln.html (Abschnitt 14), https://forum.astronomie.de/threads/vergroesserung-berechnen.32683/post-252788 und https://forum.astronomie.de/threads/vergroesserung-berechnen.32683/post-252795)

Auch im französischen Wikipedia taucht diese Formel auf, nur dass hier die Obstruktion nicht enthalten ist. (https://fr.wikipedia.org/wiki/Magnitude_limite_visuelle)

Die auf Beobachtungen von Henk Feijth und Georg Comello beruhende Formel lautet:

wobei:

mv – Eigene visuelle Grenzgröße (siehe Formeln oben)
D – Teleskopöffnung in [cm]
d – Durchmesser des im Strahlengang befindlichen Fangspiegels in [cm]
M – Vergrößerung des Teleskop-Okular-Systems
t – Transmission (100% = 1) des Gesamtsystems (Verluste an Spiegel- und Linsenflächen)

Wird mit mv = 6,04 das Ergebnis von Schaefer, für D = 25, d = 4, M = 400 und t = 0,54 eingesetzt, ergibt das folgende Grenzgröße:

 

V)   Visuelle Grenzgröße (mg) nach B. E. Schaefer (1990)

Eine sehr exakte Formel zur Bestimmung der visuellen Grenzgröße mit einem Teleskop wurde von B. E. Schaefer 1990 (https://articles.adsabs.harvard.edu/pdf/1990PASP..102..212S) veröffentlicht.
Dieser Abschnitt und alle darin enthaltenden Formeln beziehen sich (falls nicht anders vermerkt) auf diese Veröffentlichung.

Bradley E. Schaefer bezieht sich in seinen Berechnungen auf eine Formel von S. Hecht aus dem Jahr 1947, die dieser aus der Veröffentlichung von H. A. Knoll, R. Tousey, und E. O. Hulburt aus dem Jahr 1946, zusammengefasst hat:

‚C‘ und ‚K‘ sind dabei Konstanten, die sich abhängig von der Himmelshelligkeit ‚B‘ auf das Tag- (photopisch) oder Nachtsehen (skotopisch) beziehen. Beim Tagsehen werden die Zapfen des Auges verwendet, beim Nachtsehen die Stäbchen. Schaefer definiert den Übergang vom Tag- zum Nachtsehen über die Helligkeit des Himmelshintergrunds ‚B‘ bei folgendem Zahlenwert:

Tagsehen: log(B) ≥ 3,17
Nachtsehen: log(B) < 3,17

Für das Tagsehen ergeben sich für die Konstanten ‚C‘ und ‚K‘ folgende Werte:

Für das Nachtsehen gelten diese Werte:

 

‚I‘ ist die Sternhelligkeit in [ftc (Foot-candle)], und ‚B‘ ist die Hintergrundhimmelshelligkeit in [nL (nano Lambert)]. Beide Werte werden in unterschiedlicher Art und Weise sowohl von der Atmosphäre als auch vom Teleskop und den Beobachtereigenschaften beeinflusst, und müssen daher mit Korrekturfaktoren angepasst werden.

Die Sternhelligkeit ‚I‘ wird mit einem Teil der Faktoren multipliziert, und es wird daraus ‚I*‘. Die Hintergrundhimmelshelligkeit ‚B‘ wird ermittelt, indem die Himmelshelligkeit im V-Band (Bs) durch einen Teil der Faktoren dividiert wird.

Insgesamt ergibt sich dann daraus folgende Formel für ‚I*‘:

 

Zur näherungsweisen Bestimmung der Himmelshelligkeit im V-Band wird der Wert von https://www.lightpollutionmap.info/ herangezogen und in nano Lambert umgerechnet.

Für eine Himmelshelligkeit von z.B. 20,5 mag/arcsec² ergibt sich mit Hilfe dieser Formel ein Wert von 215 nL für ‚Bs‘.

 

Ist ‚I*‘ anschließend bekannt, kann der Wert von Foot-candle (ftc) in [mag] über folgenden Zusammenhang umgewandelt werden:

 

Die Korrekturfaktoren haben unter Berücksichtigung des Tag- und Nachtsehens folgende Bedeutungen und Werte:

 

a)   Fb – Beobachtung mit einem oder mit beiden Augen

Die Ausgangsgleichung von Hecht basiert auf Beobachtungen mit beiden Augen. Die meisten Teleskopbeobachtungen werden aber mit einem Auge durchgeführt. Die Korrektur von der binokularen zur monokularen Empfindlichkeit wird von M. H. Pirenne (1943) erörtert, der sowohl aus Beobachtungen, als auch aus der Theorie schlussfolgert, dass der Unterschied in der Empfindlichkeit ein Faktor der Quadratwurzel aus Zwei ist (was einer Helligkeit von 0,38 mag entspricht). Folglich müssen die Helligkeiten mit

multipliziert werden.

 

b)   Fe – Helligkeitsminderung beim Durchlaufen der Atmosphäre

Dieser Faktor beinhaltet den Einfluss der atmosphärischen Extinktion (Erklärung und Bestimmung wird ausführlich im Abschnitt ‚Grundlagen‘ – ‚Physikalische Größen‘ – ‚Objektphotonen und optimale Belichtungszeit‘ behandelt) in Abhängigkeit der Beobachtungshöhe und des Objektwinkels über dem Horizont. Im Schnitt sind das 0,2 – 0,3 mag pro Luftmasse. Die Luftmasse im Zenit ist auf 1 normiert. Je näher das Objekt am Horizont steht, desto größer wird die Luftmasse (auch dieser Einfluss wird ausführlich im Abschnitt ‚Grundlagen‘ – ‚Physikalische Größen‘ – ‚Objektphotonen und optimale Belichtungszeit‘ behandelt).

wobei:

q = 1,0 für das Tagsehen und q = 1,2 für das Nachtsehen
kv – Extinktionskoeffizient
Z – Winkel des Objekts gemessen vom Zenit, wobei sec (Z) = 1/cos (Z)

Für das Tagsehen ergibt sich für ein Objekt im Zenit mit dem Winkel Z = 0 und einem Extinktionskoeffizient von kv ≈ 0,23 ein Faktor:

Für das Nachtsehen ergibt sich ein Faktor:

 

c)   Ft – Obstruktion und Transmission des Teleskops

Dieser Faktor beschreibt die Verluste, die durch die Bauteile des Teleskops hervorgerufen werden.
Schaefer schlägt für diesen Faktor folgende Formel vor:

wobei:

Ds – Fangspiegeldurchmesser
D – Teleskopöffnung
tln – Transmission bzw. Reflexion aller optischen Flächen ‚n‘

Der Einfachhalt halber bekommen von Schaefer alle optischen Flächen in dieser Formel den gleichen Transmissions- bzw. Reflexionswert. Linsen habe meist einen Transmissionsgrad von 0,96 (96%) je Fläche, können aber durch Verschmutzungen bis zu 0,7 (70%) absinken. Spiegel haben je nach Beschichtung eine Reflektivität von 0,9 (90%) bis 0,97 (97%) können bei Verschmutzung aber auch stark nachlassen.

Um im Tool die Möglichkeit zu haben, Spiegel und Linsenflächen getrennt voneinander zu betrachten, wird die Formel etwas angepasst und um rsn für die Spiegelflächen erweitert.

Newton-Teleskope haben meist ein Ds/D-Verhältnis von 0,15 bis 0,25. Schmidt-Cassegrain-Teleskope haben ein Ds/D-Verhältnis von 0,3 bis 0,4.

Für ein Zahlenbeispiel werden folgende Bauteile verwendet:

  • Newton-Teleskop mit einer Obstruktion (Ds/D-Verhältnis) von 0,2 und zwei gesäuberten Spiegeln mit einer Reflektivität von 0,94
  • 4-Linsen-Okular → 8 Linsenflächen, von denen die beiden Äußeren leicht verschmutzt sind und einen Transmissionswert von 0,9 haben. Die innenliegenden Linsenflächen sind sauber und unbeschichtet und haben einen Wert von 0,96.

 

d)   Fp – Lichtverlust durch ungeeignetes Verhältnis von Pupillendurchmesser zur Austrittspupille

Bei diesem Faktor soll Beachtung finden, ob der Pupillendurchmesser größer oder kleiner als die Austrittspupille des Teleskop-Okular-Systems ist. (Eine genaue Beschreibung zur Austrittspupille kann unter ‚Grundlagen‘ – ‚Physikalische Größen‘ – ‚Vergrößerung bei Okular und Kamera‘ eingesehen werden).

Ist die Austrittspupille (D/M) größer als der Pupillendurchmesser ‚De‘ des Auges gilt:

wobei:

D – Teleskopöffnung in [mm]
M – Vergrößerung des Teleskop-Okular-Systems
De – Pupillendurchmesser in [mm]

Für die Berechnung des Pupillendurchmessers ‚De‘ wird wieder die oben genannte Formel in Abhängigkeit vom Alter ‚A‘ verwendet.

Die Austrittspupille wird erst bei sehr kleiner Vergrößerung ‚M‘ größer als der Pupillendurchmesser.

Ansonsten ist Fp = 1 (wenn De > D/M), was prinzipiell auch anzustreben ist, da hier das komplett vom Teleskop eingefangene Licht in die Pupille gelangt.

 

e)   Fa – Verhältnis der Pupillenöffnung zur Teleskopöffnung

Da ein Teleskop eine viel größere Lichtsammelfläche als das menschliche Auge hat, muss dieser Korrekturfaktor mit folgender Formel einbezogen werden:

wobei:

De – Pupillendurchmesser in [mm]
D – Teleskopöffnung in [mm]

Bei einem Pupillendurchmesser von 6 mm (ca. 55-jähriger Beobachter) und einer Teleskopöffnung von 250 mm ergibt sich zum Beispiel ein Korrekturfaktor Fa = 0,000576.

 

f)   Fm – Einfluss der verwendeten Vergrößerung

Bei ausgedehnten Quellen wie der Hintergrundhelligkeit des Himmels sammelt das Teleskop nicht nur zusätzliches Licht ein, sondern verteilt das Licht auch durch die Vergrößerung des Bildes. Die Oberflächenhelligkeit des Himmels wird um den Faktor Fm = M² (M – Vergrößerungswert) verringert, da das Licht dem Beobachter mit einer Vergrößerung dargestellt wird.

Bei einer Vergrößerung von 400 ergibt sich somit ein Korrekturfaktor Fm = 160.000.

 

g)   Fr – Korrekturfaktor für den Fall einer starken Vergrößerung in Abhängigkeit vom Seeing

Normalerweise bezieht sich der Faktor ‚Fm‘ nur auf die Hintergrundhelligkeit ‚B‘, da eine Punktquelle unter Vergrößerung immer noch als Punktquelle erscheint. Wird jedoch eine zu starke Vergrößerung verwendet, erscheint der Stern als Beugungsfleck, wodurch er einen scheinbaren Durchmesser aufweist, so dass das Auge den Stern wie eine ausgedehnte Quelle und somit die Helligkeit anders empfindet. Die kritische Größe hängt etwas von der Hintergrundhelligkeit ab, aber für den praktischen Fall liegt die kritische Größe für einen „aufgeblähten“ Stern bei 900“. Schaefer bezieht sich dabei auf die Schriften von H. R. Blackwell (1946); J. L. Brown und andere (1953) sowie T. N. Cornsweet (1970).

wobei:

θ – Seeing-Wert in [‘‘] (nähere Informationen zum Thema Seeing können dem Kapitel ‚Grundlagen‘ – ‚Teleskop-Kamera-Kombination‘ – ‚Seeing und FWHM‘ entnommen werden)
M – Vergrößerung des Teleskop-Okular-Systems

In unseren Breitengraden liegt meist ein Seeing von 2“ - 4“ vor. Wird von einem Seeing von 3“ und einer Vergrößerung von z.B. 400 ausgegangen, ergibt dies einen Wert, der größer als 900“ ist. Damit würde sich ein Korrekturwer

ergeben.

 

h)   FSC – Stiles-Crawford-Effekt (Helligkeitsempfinden abhängig vom Lichteintritt in die Pupille)

Das Licht, welches am äußeren Rand der Pupille in das Auge eintritt, wird weniger effizient genutzt als das Licht, das in der Mitte der Pupille eintritt, was als Stiles-Crawford-Effekt bezeichnet wird.

Für das Tagsehen (photopisch) wird der Effizienzabfall von J. A. Van Loo und J. M. Enoch (1975) mit folgender Formel beschrieben:

Für die Nachtsicht (skotopisch) ist der Effizienzabfall weniger stark ausgeprägt, und es gilt laut J. A. Van Loo und J. M. Enoch (1975) diese Formel:

Das heißt, dass zum Beispiel bei einer 6 mm Pupille mit dem Radius r = 3 die Effizienz am Rand der Pupille bei Nacht nur noch bei ca. 84% liegt.

Wie schon beim Korrekturfaktor ‚Fp‘ erläutert, wird die Pupille bei eher kleineren Vergrößerungen voll ausgeleuchtet, da die Austrittspupille vom Teleskop-Okular-System dadurch einen großen Durchmesser hat, der teilweise auch größer als der Pupillendurchmesser sein kann. Da also in Abhängigkeit vom gewählten Okular mit ein und demselben Teleskop unterschiedliche Ausleuchtungen der Augenpupille erreicht und somit auch schwächere Objekt erkannt werden können, muss dies über einen Korrekturfaktor berücksichtigt werden.

Schaefer gibt an, dass im Fall, dass der Pupillendurchmesser größer als die Austrittspupille des Teleskop-Okular-Systems ist, folgende Formel für das Tagsehen verwendet werden soll:

Für das Nachtsehen gilt:

 

Er definiert also den Rand der Pupille als 1 und nimmt eine Effizienzsteigerung zur Mitte des Auges in Abhängigkeit der Vergrößerung hin an, womit der Faktor kleiner als 1 wird.

In den Schriften von Garstang aus dem Jahr 2000 wird darauf hingewiesen, dass in diesen Formeln von Schaefer aus dem Jahr 1990 ein Fehler vorliegt. (https://articles.adsabs.harvard.edu/pdf/2000MmSAI..71...83G, Seite 87, oben). Wenn der Pupillendurchmesser größer als die Austrittspupille des Teleskop-Okular-Systems ist, müssen die Formeln invers angewendet werden. In einem Auszug von 1993 führt Schaefer die korrigierten Formeln auf (https://www.uai.it/pianeti/wp-content/uploads/2021/03/ppr_Sch93-1.pdf, Seite 327, Formeln 31).

Die korrigierten inversen Formeln lauten:

Für das Tagsehen:

Für das Nachtsehen gilt:

wobei:

De25 – Durchschnittspupillendurchmesser in [cm], festgelegt für eine 25-jährige Person
D – Teleskopöffnung in [cm]
M – Vergrößerung des Teleskop-Okular-Systems

Bei einem Pupillendurchmesser von 6,8 mm (25-jährige Person), einer Teleskopöffnung von 250 mm und einer Vergrößerung von 400 als Beispiel, ergibt sich für das Tagsehen:

Für das Nachtsehen ergibt sich ein sehr geringer Korrekturfaktor:

 

i)   Fc – Farbindex (Empfindlichkeit in Abhängigkeit der Farbe eines Sterns)

Die Helligkeit von Sternen wird meist in der V-Magnitude (um 550 nm) angegeben, was ungefähr der spektralen Empfindlichkeitskurve beim menschlichen Auge für das Tagsehen entspricht (Näheres zu den verschiedenen Frequenzbändern wird im Abschnitt ‚Grundlagen‘ – ‚Physikalische Größen‘ – ‚Objektphotonen und optimale Belichtungszeit‘ erklärt). In der Nacht verschiebt sich die Hellempfindlichkeit des Auges in Richtung des blauen Spektrums, da statt der Zapfen nun die Stäbchen für das Sehen aktiv werden, und diese im blauen Spektrum empfindlicher sind.

Quelle: Frank Murmann, CC0, via Wikimedia Commons (ergänzt)

 

Das heißt, dass zwei Sterne mit der gleichen V-Magnitude, aber unterschiedlichen Farben (was ihrer Temperatur entspricht), unterschiedlich wahrgenommen werden. Am Tag würden beide Sterne gleich hell wirken. Nachts wirkt der blaue (heißere) Stern heller, obwohl er es nicht ist.

Schaefer empfiehlt hier den Durchschnitt der B- und V-Magnitude des Sterns zu verwenden und gibt folgende Formel vor:

Für das Tagsehen:

Für das Nachtsehen:

Ein durchschnittlicher Wert für B – V liegt bei 0,7. Dies ergibt als Beispiel einen Korrekturfaktor:

 

j)   Fs – Sensitivität des Beobachters bei der Erkennung von Punktquellen

Durch diesen Korrekturfaktor wird berücksichtigt, wie geübt eine Person darin ist, Punktquellen wahrzunehmen. Dies ist schwer allgemein zu beziffern, da diese Fähigkeit sehr individuell ist. Schaefer legt hier für den durchschnittlichen Beobachter den Zahlenwert 1 fest. Ein geübter Beobachter hat Werte kleiner 1, die teilweise bis 0,1 sinken können, ein ungeübter Beobachter hat Werte über 1.

Der eigene Wert kann zum Beispiel über die oben aufgezeigte Formel von Schaefer zur Bestimmung der visuellen Grenzgröße ‚mv‘ durch umstellen nach ‚Fs‘ ermittelt werden, wenn bei einem Blick in den Nachthimmel ein Stern definiert werden kann, der für die Person gerade noch sichtbar ist.

Für die folgende Beispielrechnung wird hier der Wert für einen etwas geübten Beobachter mit Fs = 0,8 angesetzt.

 

Es folgen nun noch einmal alle Beispielwerte zusammengefasst für das Nachtsehen, um sie exemplarisch in die oben genannten Ausgangsformeln einzusetzen:

Ausgangsformeln:

Gegeben:

C = 1,58489*10-10, K = 0,012589, Bs = 215 nL

Fb = 1,4142, Fe = 1,29, Ft = 1,86, Fp = 1, Fa = 0,000576, Fm = 160.000, Fr = 1,633, FSC = 0,999991153, Fc = 0,55, Fs = 0,8

 

 

Was zunächst etwas unlogisch wirkt, ist der Umstand, dass bei der Eingabe eines höheren Alters und damit einer kleineren Pupillenöffnung die Grenzgröße bei gleichbleibender Ausrüstung steigt. Dies resultiert daraus, dass durch die meist starken Vergrößerungen der Teleskop-Okular-Systeme immer nur ein sehr geringer Teil der Pupille genutzt wird. Eine Person mit einem kleineren Pupillendurchmesser ist auf Grund der Vergrößerung gegenüber einem Beobachter mit großer Pupillenöffnung nicht eingeschränkt. Da der Beobachter mit der geringeren Pupillengröße schwach leuchtende Objekte genauso gut sieht, geht dies in einer Art „Bonus-Gewichtung“ mit in das Endergebnis ein. Der Beobachte mit dem kleineren Pupillendurchmesser ist nach dieser Formel also theoretisch in der Lage, schwächere Objekte wahrzunehmen, obwohl dies in der Realität nicht so ist. Wird hingegen kein Teleskop benutzt, wirkt sich der geringere Pupillendurchmesser auch in einer schlechteren Grenzgröße aus.

 

VI)   Visuelle Grenzgröße (mg) nach Garstang (1999)

R. H. Garstang veröffentlichte 1999 ein Dokument (https://articles.adsabs.harvard.edu/pdf/1999JRASC..93...80G), in welchem er die bei Schaefer (1990) gezeigte Startformel

durch unterschiedlich gewählte Konstanten ‚C‘ und ‚K‘ umschrieb. ‚C‘ ist nun eine Beleuchtungsstärke in [lx], der die Variable ‚i0‘ zugewiesen wird. ‚K‘ wird aus der Klammer herausgezogen und bekommt dadurch einen anderen Wert.

wobei:

i0 = 2,908*10-9 lx
K = 0,115

 

Danach erweiterte er die Gleichung so, dass das Seeing mitberücksichtigt wurde (Seite 81, Formel 2).

 

Indem er anschließend einige der Korrekturfaktoren aus Schaefers Veröffentlichung von 1990 verallgemeinerte und Vereinfachungen einführte, wurde daraus dann folgende Formel (Seite 82, Formel 7). Zum besseren Verständnis werden hier die Variablen/Faktoren von Schaefer (1990) eingesetzt; Garstang verwendete andere Bezeichnungen:

wobei:

i0 = 2,908*10-9 lx
K = 0,115
α = 0,000154
y = 0,000062
z = 0,276
De – Pupillendurchmesser in [cm]
D – Teleskopöffnung in [cm]
t – Obstruktion und Transmission des Teleskops
Bs – Himmelshelligkeit am Beobachtungsort in [nL]
M – Vergrößerung des Teleskop-Okular-Systems
θ – Seeing in [‘]

Da ‚i0‘ bei Garstang in [lx] angegeben ist, verwendet er auch eine andere Formel zur Umwandlung in die Grenzgröße (Seite 81, Formel 3):

Nach der Berechnung der Grenzgröße soll diese noch mit dem Verlust der atmosphärischen Extinktion verrechnet werden. Im Durchschnitt reduziert sich die Helligkeit durch den Extinktionskoeffizienten ‚kv‘ zusätzlich noch einmal um 0,2 – 0,3 mag/Luftmasse.

Beispielrechnung:

Werden für die Variablen wieder die Beispielzahlen aus dem Abschnitt von Schaefer (1990) gewählt, ergibt sich folgender Zusammenhang:

De = 0,6 cm, D = 25 cm
t = 0,966 * 0,902 * 0,942 * [1 - (0,2)2] = 0,54
Bs = 215 nL
M = 400, θ = 3‘‘ = 0,05‘
kv ≈ 0,23 mag

Unter Einbeziehung der Extinktion von 0,23 mag sinkt der Wert auf:

 

VII)   Visuelle Grenzgröße (mg) nach Garstang (2000)

Im Jahr 2000 veröffentlichte R. H. Garstang eine erweiterte Version seiner Schriften von 1999 (https://articles.adsabs.harvard.edu/pdf/2000MmSAI..71...83G). Seine ursprüngliche Formel

bezog sich ausschließlich auf das Nachtsehen (skotopisch – Index ‚s‘). Sein Ziel war es, das Tagsehen (photopisch – Index ‚p‘) zu integrieren, so dass es eine vereinheitlichte Formel für ‚I‘ gibt. Zusätzlich sollten dieses Mal die meisten der Korrekturfaktoren aus Schaefers Veröffentlichung von 1990 ohne Vereinfachungen und Umrechnungen mit einbezogen werden. Aus ‚i0‘ wurde auch wieder eine Variable ‚C‘.

wobei:

Cp = 4,276*10-8, Cs = 3,451*10-9
Kp = 0,00151, Ks = 0,109
αp = 0,00581, αs = 0,000235
yp = 0,00129, ys = 0,00002
zp = 0,0587, zs = 0,174
B – Himmelshelligkeit am Beobachtungsort in [nL]
θ – Seeing in [‘]

 

Um wieder ein korrigiertes ‚I*‘ zu ermitteln, muss die Formel für ‚Ip‘ mit Korrekturfaktoren für das Tagsehen und ‚Is‘ mit den Korrekturfaktoren für das Nachtsehen aus Schaefers Dokument von 1990 verrechnet werden. Für das Einbringen dieser Korrekturfaktoren, werden diese genauso wie bei der Formel von Schaefer (1990) verrechnet. Die Konstanten ‚Cp‘ und ‚Cs‘ werden mit dem jeweiligen ‚F1‘ (siehe Ende von Abschnitt Schaefer (1990)) für Tag- und Nachtsehen multipliziert. Der Wert ‚Bs‘ wird durch die jeweiligen Korrekturfaktoren von ‚F2‘ (siehe Ende von Abschnitt Schaefer (1990)) geteilt, um ‚B‘ in der Formel zu ersetzen.

Es gelten die folgenden Korrekturfaktoren:

Die Vergrößerung ‚M‘ wird mit dem abgebildeten Objektdurchmesser ‚θ‘ (bei Sternen das Seeing) multipliziert. Dadurch wird der Faktor ‚Fr‘ in den Formeln von Garstang nicht mehr benötigt.

Da ‚I*‘ in [lx] ausgegeben wird, verwendet Garstang, wie schon in seiner Veröffentlichung von 1999, die folgende Formel für die Überführung in Magnituden:

 

Hinweis:

Garstang gibt für den Pupillendurchmesser auch eine eigene Formel an, die die Himmelshelligkeit mit einbezieht (Seite 86, Formel 6):

wobei ‚A‘ das Alter und ‚B‘ die Himmelshelligkeit ist, die noch mit den jeweiligen Korrekturfaktoren für das Tag- (photopisch) und Nachtsehen (skotopisch) verrechnet werden muss. (Seite 86, Absatz 2)

Da der Pupillendurchmesser aber über die Faktoren ‚Fa‘ und ‚Fp‘ zur Bestimmung der Korrekturfaktoren für die Himmelshelligkeit benötigt wird, erzeugt dies Zirkelbezüge, mit denen etwas schwieriger zu rechnen ist.

Sollen die Zirkelbezüge vermieden werden, kann der Einfachhalt halber mit Schaefers Formel zur Bestimmung des Pupillendurchmessers gerechnet werden. Durch diese Vereinfachung ergibt sich folgender Zusammenhang:

 

Um die Konsistenz bei diesem Kapitel beizubehalten, wird mit der Formel von Garstang gerechnet, und es werden 10 Rechenschleifen durchlaufen.

Werden für ein bessere Vergleichbarkeit mit Schaefer (1990) die Beispielzahlen aus dem Abschnitt von Schaefer (1990) angewandt, ergeben sich für die genannten Formeln

folgende Werte:

Fb = 1,4142, Fep = 1,24, Fes = 1,29, Ft = 1,86, Fpp = 1, Fps = 1,
Fap = 0,000532 (nach 10 Schleifen mit F2p, ca. 55-jähriger Beobachter),
Fas = 0,000533 (nach 10 Schleifen mit F2s, ca. 55-jähriger Beobachter),
Fm = 160.000, FSCp = 0,585895196, FSCs = 0,999991153, Fc = 0,55, Fs = 0,8

 

Diese können nun für die Berechnung der Grenzgröße verwendet werden.

Gegeben:

Bs = 215 nL
θ = 3‘‘ = 0,05‘
M = 400

 

Mit den Formeln ist es auch möglich, die visuelle Grenzgröße ‚mv‘ zu bestimmen (Seite 87, Kapitel 3). Dabei fallen einige der Korrekturfaktoren, die sich auf die Teleskopeigenschaften beziehen, weg, da sich hier nur auf die Betrachtung mit dem bloßen Auge bezogen wird. Aus dem gleichen Grund muss auch der Korrekturfaktor ‚Fa‘ anders bestimmt werden. Anstelle des Verhältnisses der Pupillenöffnung zur Teleskopöffnung zu bestimmen, wird das Verhältnis eines Pupillendurchmesser ‚De23‘ von einem 23-jährigen Durchschnittsbeobachter (errechnet aus der Formel von Schaefer (1990) in [cm]) zum Pupillendurchmesser ‚De‘ des Beobachters gebildet (hier wird die Formel von Garstang angewandt).

Werden für ein bessere Vergleichbarkeit mit der von Schaefer (1990) genannten Formel für die visuelle Grenzgröße die Beispielzahlen aus dem Abschnitt von Schaefer (1990) angewendet, ergeben sich folgende Werte (Bei der visuellen Beobachtung liegt die Vergrößerung ‚M‘ bei dem Wert 1 und der Teleskopdurchmesser entspricht dem Pupillendurchmesser, was in ‚Fsc‘ mit einfließt.):

Fep = 1,24, Fes = 1,29,
Fap = 1,2402 (nach 10 Schleifen mit F2p, ca. 55-jähriger Beobachter),
Fas = 1,2289 (nach 10 Schleifen mit F2s, ca. 55-jähriger Beobachter),
FSCp = 0.58251071, FSCs = 0,99999098, Fc = 0,55, Fs = 0,8

Gegeben:

Bs = 215 nL
θ = 3‘‘ = 0,05‘
M = 1

 

 

VIII)   Visuelle Grenzgröße (mg) nach Garstang (2000) mit verallgemeinerter Formel von Bowen (1947)

Im gleichen Dokument aus dem Jahr 2000 (https://articles.adsabs.harvard.edu/pdf/2000MmSAI..71...83G) beschreibt R. H. Garstang in Kapitel 6 noch eine erweiterte Formel, die aus der Veröffentlichung von I. S. Bowen aus dem Jahr 1947 (https://iopscience.iop.org/article/10.1086/125960/pdf) hergeleitet werden kann, und die der Vollständigkeit halber hier mit aufgeführt wird.

Bowens Formel von 1947 für die Grenzgröße lautet:

wobei:

D – Teleskopöffnung
M – Vergrößerung des Teleskop-Okular-Systems

Garstang leitete daraus unter Beachtung des Verhältnisses von der Austrittspupille des Teleskop-Okular-Systems zum Pupillendurchmesser zwei Formeln ab.

wobei:

D – Teleskopöffnung in [cm]
M – Vergrößerung des Teleskop-Okular-Systems
De – Pupillendurchmesser in [cm] berechnet nach der Formel aus der Veröffentlichung von Schaefer (1990)
t – Obstruktion und Transmission des Teleskops
Bs – Himmelshelligkeit am Beobachtungsort in [nL]
Fs – Sensitivität des Beobachters bei der Erkennung von Punktquellen (1 – normal, < 1 besser, > 1 schlechter)
kv – Reduzierung der Helligkeit durch die Atmosphäre in [mag] (Atmosphärische Extinktion – Erklärung und Bestimmung wird ausführlich im Abschnitt ‚Grundlagen‘ – ‚Physikalische Größen‘ – ‚Objektphotonen und optimale Belichtungszeit‘ behandelt)

 

Es folgt eine Beispielrechnung, wenn die Austrittspupille des Teleskops kleiner als der Pupillendurchmesser ist. Dabei werden wieder die Zahlenwerte aus den oberen Beispielen verwendet.

De = 0,6 cm (für einen ca. 55-jährigen Beobachter), D = 25 cm
t = 0,966 * 0,902 * 0,942 * [1 - (0,2)2] = 0,54
Bs = 215 nL
M = 400,
kv ≈ 0,23 mag
Fs = 0,8

Es folgt nun noch einmal eine Übersicht der Beispielergebnisse mit folgenden Randbedingungen:

Pupillendurchmesser De = 6 mm = 0,6 cm, Teleskopöffnung D = 250 mm = 25 cm
Himmelshelligkeit Bs = 215 nL = 20,5 mag/arcsec²
Beobachtersensitivität Fs = 0,8
Vergrößerung M = 400, Seeing θ = 3‘‘ = 0,05‘
Atmosphärische Extinktion kv = 0,23 mag
Transmission und Obstruktion des Teleskops t = 0,54

 

 Pogson (I)Schaefer (1990) (II) und (V)Allg. Formel (III) (mit mv von Schaefer)Feijth und Comello (IV)Garstang (1999) (VI)Garstang (2000) (VII)Garstang / Bowen (2000) (VIII)
mv [mag]5,996,04---6,05-
mg [mag]14,0914,7714,1413,3613,8714,6315,40

 

Jede der im Laufe der Jahre aufgestellten Formeln hat ihre Berechtigung. Der wahre Wert liegt vermutlich im Mittel der rein theoretischen Formeln und denjenigen, die zusätzlich noch praktisch ermittelte Werte beinhalten.

 

2)   Formeln für die bildgebende Grenzgröße:

Wie auch bei der visuellen Grenzgröße gibt es einige Formeln, mit denen näherungsweise bestimmt werden kann, wo die Grenzgröße für ein System bei gewählter Gesamtbelichtungszeit liegt.
Es sind aber sehr viele Faktoren vorhanden, die diesen Wert beeinflussen, so dass die Ergebnisse bei allen Formeln nur Richtwerte sind. Die wahre Grenzgröße kann nur über eine lange belichtete Aufnahme und mit softwareseitiger Auswertung der Sterne ermittelt werden.

Eine Formel für punktförmige Objekte lautet zum Beispiel:

Quelle: Martin A. & Koch B. (2009). Digitale Astrofotografie, Grundlagen und Praxis der CCD- und Digitalkameratechnik (1. Auflage) (Seite 233, Formel 47). Oculum-Verlag GmbH, Erlangen

wobei:

t – Gesamtbelichtungszeit in [s]
D – Objektivdurchmesser
z – Durchmesser des Sternenscheibchens mit z = Seeing["] * Teleskopbrennweite/206264,8"
S – ISO-Wert der Kamera
K – Kameraspezifischer Korrekturwert (hier geht die Filtertransmission sowie die Abweichung des wahren ISO-Wertes von der eingestellten ISO-Empfindlichkeit ein)
mH – Himmelshelligkeit in [mag/Grad²]

 

Eine Formel für flächige Objekte lautet:

Quelle: Martin A. & Koch B. (2009). Digitale Astrofotografie, Grundlagen und Praxis der CCD- und Digitalkameratechnik (1. Auflage) (Seite 234, Formel 49). Oculum-Verlag GmbH, Erlangen

wobei:

t – Gesamtbelichtungszeit in [s]
N – Blendenzahl
S – ISO-Wert der Kamera
K – Kameraspezifischer Korrekturwert (hier geht die Filtertransmission sowie die Abweichung des wahren ISO-Wertes von der eingestellten ISO-Empfindlichkeit ein)
A – Fläche des aufgenommenen Objektes in [Grad²]
mH – Himmelshelligkeit in [mag/Grad²]

 

Bei der Anwendung dieser Formeln ist es schwer, den kameraspezifischen Wert zu ermitteln. Und für Kameras, die anstelle einer ISO- eine Gain-Einstellung haben, ist die Verwendung dieser Formeln sowieso nicht geeignet. Leider können ISO Werte nicht in Gain-Werte (oder umgekehrt) umgerechnet werden, denn ISO-Werte stammen noch aus den Zeiten von Filmen und beziehen sich auf die Empfindlichkeit des Filmmaterials. Gain-Werte beschreiben die Verstärkung eines elektronischen Signals.

 

Eine andere Formelsammlung für punktförmige Objekte ist in dieser Quelle aufgeführt: (https://www.interstellarum.de/wp-content/uploads/2019/12/is91.pdf, Seite 49)

Für Normal- oder Teleobjektive:

Für Linsenteleskope:

Für Spiegelteleskope:

wobei:

mSky – SQM-Messwert [mag/arcsec²]
f – Brennweite in [mm]
B – Blendenzahl (z.B. 5,6 bei Blende f/5,6)
t – Gesamtbelichtungszeit in [s]
ISO – ISO-Verstärkungswert
D – Optikdurchmesser in [mm]
O – Obstruktionsfaktor (Fangspiegeldurchmesser/Hauptspiegeldurchmesser), z.B. 0,25 bei 25% Obstruktion

 

Prinzipiell kann hier die dritte Formel (für Spiegelteleskope) auch für die anderen beiden Teleskoparten verwendet werden. Ohne Obstruktion kürzt sich der Ausdruck √D²-(D*O)²/7 zu D/7. Und ist die Öffnung eines Objektivs bekannt, können statt der Blendenzahl (die nichts anderes als der Quotient von Brennweite zu Öffnung ist), die Brennweite und Öffnung eingesetzt werden (B = f/D). Die Brennweite kürzt sich somit aus der Formel f/B*7 heraus, und es bleibt wieder D/7 übrig.

Aber auch diese Formeln sind nur für Kameras geeignet, die eine ISO-Einstellung haben.

Für eine Beispielberechnung werden folgende Werte angenommen:

mSky = 20,5 mag/arcsec²
D = 250 mm
O = 30%
T = 18.000 s (5 Stunden Gesamtbelichtungszeit)
ISO = 1.600

 

Für Kameras mit Gain-Einstellung kann eine solche Formel verwendet werden:

Quelle: McLean Ian S. (2008). Electronic imaging in astronomy - Detectors and instrumentation (2. Auflage) (Seite 349, Formel 9.32). Springer Berlin Heidelberg NewYork

wobei:

mzp

„Nullpunkt (Zeropoint)“ in [mag] für das Equipment, wenn ein Objekt mit seiner Helligkeit genau 1 ADU/s erzeugt

Quelle: McLean Ian S. (2008). Electronic imaging in astronomy - Detectors and instrumentation (2. Auflage) (Seite 349, Formel 9.29). Springer Berlin Heidelberg NewYork

wobei:

τ – Transmission des optischen Systems (Spiegelflächen, Linsen-, Glas- und Filterflächen)
QE – Quanteneffizienz der Kamera bei betrachteter Wellenlänge
λ – Peak-Wellenlänge des Frequenzbandes in [µm]
Δλ – Filterbandbreite in [µm]
Atel – Fläche der Teleskopöffnung in [cm²] unter Berücksichtigung der Obstruktion
Fλ(0) – Photonenfluss eines 0m-Sterns (Vega) in [W/cm² µm] im entsprechenden Frequenzband
h – Planck’sches Wirkungsquantum 6,62607015*10-34 Js
c – Lichtgeschwindigkeit 299.792.458*106 µm/s
g – Verstärkung in [e-/ADU] des Detektors

S/N

erforderliche Signal-zu-Rausch-Verhältnis für das schwächste Objekt, wobei der Grenzwert (limit) einem S/N = 1 entspricht
(Quelle: McLean Ian S. (2008). Electronic imaging in astronomy - Detectors and instrumentation (2. Auflage) (Seite 349). Springer Berlin Heidelberg NewYork)


(Anmerkung: Hier geht anscheinend auch die Atmosphärische Extinktion mit ein. Es werden so lange Photonen gesammelt, bis ein SNR von 1 erreicht ist.)

g

Verstärkung in [e-/ADU] des Detektors

npix

Anzahl der Pixel, die von einer Punktquelle bzw. einem flächigen Objekt abgedeckt werden

für eine Punktquelle gilt:

npix = π/4 * (Seeing/Abbildungsmaßstab

wobei: Abbildungsmaßstab ["] = 206,2648 * (Pixelgröße [µm]/Brennweite [mm])

Für ein flächiges Objekt gilt:
Wenn die Winkelgröße des Objekts viel größer ist als der Seeing-Durchmesser, ist es zweckmäßiger, die "Oberflächenhelligkeit" in Magnituden pro Quadratbogensekunde anzugeben (wie bei der Himmelshelligkeit), so dass npix = 1 ist, und jedes Pixel separat behandelt wird.
Quelle: McLean Ian S. (2008). Electronic imaging in astronomy - Detectors and instrumentation (2. Auflage) (Seite 345). Springer Berlin Heidelberg NewYork

BSky

Hintergrundsignal pro Pixel [e-/Pixel s]
wobei:

Quelle: McLean Ian S. (2008). Electronic imaging in astronomy - Detectors and instrumentation (2. Auflage) (Seite 349, Formel 9.31). Springer Berlin Heidelberg NewYork

T

Gesamtbelichtungszeit am Objekt in [s] (Anzahl der Objektbilder * Einzelbelichtungszeit)

 

 

Somit lässt sich die Formel folgendermaßen zusammenfassen, wenn S/N = 1 gesetzt wird:

Grenzgröße einer Punktquelle in [mag]:

Grenzgröße eines flächigen Objekts (npix = 1) in [mag/arcsec²]:

 

Es folgt ein Zahlenbeispiel für ein flächiges Objekt aufgenommen mit einem 250/1000 Newton Teleskop und einer ZWO ASI294MM:

Gegeben:

τ = 0,67 (2 Spiegel, Flattener, Filter und Schutzglas vor Chip)
QE ≈ 0,8 (für 80% Quanteneffizienz des Chips im V-Band) (http://www.astrosurf.com/buil/asi294mm.html)
λ = 0,545 µm
∆λ = 0,1 µm
D = 25 cm mit Obstruktion von 25%
→ Atel = π/4 * D² * (1 - ε²) = 460,19 cm² (Quelle: Schroeder, D. J. (2000). Astronomical Optics (2. Auflage) (Seite 435). Academic Press)
Fλ(0) = 10.052 [Photonen/cm² s nm] = 3,663774 * 10-12 [W/cm² µm] (https://www.stsci.edu/~strolger/docs/UNITS.txt)
→ (siehe Abschnitt ‚Grundlagen‘ – ‚Physikalische Größen‘ – ‚Objektphotonen und optimale Belichtungszeit‘)
h = 6,62607015*10-34 Js = 6,62607015*10-34 Ws²
c = 299.792.458 m/s = 299.792.458*106 µm/s
g = 1e-/ADU (bei Gain 120 (aus Datenblatt)) → 1 e-/s
f = 1.000 mm
BSky ≈ 1,42 e-/Pixel s (bei mSky = 20,5 mag/arcsec², ∆λ = 100 nm)
T = 18.000 s (5 Stunden Gesamtbelichtungszeit)

 

Nach einer Belichtungszeit von 5h ergibt sich eine bildgebende Grenzgröße für ein flächiges Objekt von 26,11 mag/arcsec². Das entspricht in etwa einer Galaxie mit einer Helligkeit in Vmag = 8 mag und einer Ausdehnung in beide Richtungen von 70‘, bei der die Helligkeit gleichmäßig verteilt ist. Bei Galaxien ist das Zentrum aber meist viel heller als der Rand, so dass das Zentrum immer gut abgebildet wird, und nur für die Randstrukturen länger belichtet werden muss.

In den nachfolgenden Diagrammen wird noch einmal der Einfluss der Belichtungszeit und der Teleskopöffnung, die bei der Astrofotografie gut beeinflusst werden können, verdeutlicht.