Guiding-Varianten
Ein Guiding kompensiert die restlichen Abweichungen, die vom Einnorden noch übriggeblieben ist. Erst durch das Eliminieren der Restfehler können lange Belichtungszeiten realisiert werden. Dabei wird über eine Guiding-Kamera, die an einem PC angeschlossen ist, auf einen Leitstern am Himmel fokussiert. Über ein Programm auf dem PC (z.B. PHD2) werden Korrekturbefehle an die Montierung gegeben, die dann die Nachführbewegung entsprechend anpasst.
Es gibt zwei Möglichkeiten eine Guiding-Kamera im Aufbau zu integrieren:
- über ein Leitfernrohr, oder
- über einen Off-Axis-Guider
Leitfernrohr
Leitfernrohre sitzen außerhalb des Strahlenganges parallel zum Teleskop und sind vor allem für Refraktoren und Teleskope mit kurzen Brennweiten geeignet.
Aufbau mit einem Leitfernrohr [Quelle: https://www.astroshop.de (um Beschriftungen ergänzt)]
Teleskope mit langen Brennweiten haben eine hohe Vergrößerung. Daher machen sich schon kleinste Nachführfehler schnell bemerkbar. Um genaue Leitsternpositionen geben zu können, sollte ein Leitfernrohr für solche Teleskope ebenfalls eine größere Brennweite haben. Als Faustregel gilt, dass ein Leitfernrohr mindestens 30% bis 50 % der Teleskopbrennweite haben sollte.
Off-Axis-Guider
Bei großen Spiegelteleskopen mit langen Brennweiten (z.B. große Newton-Teleskope ab 1000 mm Brennweite, Schmidt-Cassegrain) empfiehlt es sich auf einen Off-Axis-Guider zurückzugreifen.
Da ein Off-Axis-Guider direkt im Strahlengang sitzt, nutzt er die gleiche Brennweite wie das Teleskop und kann Nachführfehler gut ausgleichen. Das Teleskop ist sozusagen das Leitfernrohr.
Aufbau mit einem Off-Axis-Guider [Quelle: https://www.astroshop.de (um Beschriftungen ergänzt)]
Ein weiterer Grund bei Spiegelteleskopen einen Off-Axis-Guider zu verwenden liegt in den nicht absolut fest gelagerten Spiegeln. Bei der langsamen Nachführung des Teleskops kommt es gelegentlich zu minimalen Lageänderungen der Spiegel. Durch die optische Gesetzmäßigkeit „Einfallswinkel gleich Ausfallswinkel“ verdoppelt sich der Fehler beim Umlenken am Spiegel. Das Bild auf der Kamera erfährt also einen leichten Versatz, der sich bei großen Brennweiten besonders bemerkbar macht. Im Gegensatz zum außerhalb vom System befindliche Leitfernrohr wird dieser Versatz über den im Strahlengang sitzender Off-Axis-Guider bemerkt und kann durch ein Gegensteuern der Nachführeinheit ausgeglichen werden.
Da Refraktoren keine Spiegel, sondern fest verbaute Linsen besitzen und meist kurze Brennweiten haben, kann hier ein Leitfernrohr verwendet werden.
Guiding-Kameras werden mit Belichtungszeiten von 1-3s betrieben. Bei der Verwendung von lichtschwachen Systemen (langsame Optiken) und wegen des Auskoppelns über ein kleines Prisma, gibt es daher häufiger mal Probleme helle Sterne als Leitstern zu finden.
Beim Einbau eines Off-Axis-Guiders sind mehrere Dinge zu beachten:
- Das Umlenkprisma sollte so positioniert werden, dass es die Chipfläche nicht abdeckt.
Quelle: https://astronomy-imaging-camera.com
- In der Theorie ist der Weg vom Umlenkprisma zum Chip der Guiding-Kamera genauso lang wie vom Umlenkprisma zum Chip der Aufnahmekamera, um die gleiche Fokussierung zu haben.
Grafiken der Kameras: https://astronomy-imaging-camera.com und https://astronomy-imaging-camera.com
In der Praxis treten hier aber immer wieder Differenzen von 1 bis 2 mm auf. Der Grund dafür ist, dass das Umlenkprisma die Randstrahlen verwendet, die in optischen Systemen durch unterschiedliche Weglängen oft Abbildungsfehler verursachen.
Quelle: Xentropic at English Wikipedia, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Grafiken der Kameras: https://astronomy-imaging-camera.com und https://astronomy-imaging-camera.com
Es kommt öfter die Frage auf, in welcher Ausrichtung das Prisma in den Strahlengang eingebracht werden muss. Die folgende Grafik soll dies mit vergrößerter Prismendarstellung veranschaulichen.
Grafiken der Kameras: https://astronomy-imaging-camera.com und https://astronomy-imaging-camera.com
An der Grenzfläche von einem optisch dünneren (in diesem Fall Luft) zu einem optisch dichteren Medium (in diesem Fall Prismenglas) wird das Lichtbündel in Abhängigkeit vom Eintrittswinkel und der Brechzahlen unterschiedlich stark zum Lot hin gebrochen. Beim Austritt aus dem optisch dichteren ins optisch dünnere Medium wird das Lichtbündel vom Lot weg gebrochen (rechte Darstellung).
Ab einem bestimmten Grenzwinkel (abhängig von der Brechzahl des Mediums) kommt es beim Übergang vom optischen dichteren ins optisch dünnere Medium zu einer Totalreflexion. Das Prisma hat eine solche Brechzahl, dass bei einem Winkel von 45° eine Totalreflexion auftritt (linke Darstellung).
Je nach Kameramodell kann mit einem Helikalauszug oder entsprechenden Abstandsringen der korrekte Abstand eingestellt werden.
- Bei der Verwendung von Filtern ist unbedingt darauf zu achten, dass diese hinter dem Off-Axis-Guider eingebaut werden. Durch einen zusätzlichen Filter davor, würde das ohnehin schon etwas schwach ausgeleuchtete und kurzbelichtete Bild noch weniger helle Sterne abbilden können.
- Bei Newton-Teleskopen ist zu beachten, dass es schwierig sein kann, einen Off-Axis-Guider zu verwenden. Durch den Off-Axis-Guider verschiebt sich die Position der Kamera weiter weg vom Teleskop und der Chip kann dann manchmal nicht mehr in den Brennpunkt gebracht werden. Der Off-Axis-Guider sollte daher so schmal wie möglich sein, oder es muss auf ein Leitfernrohr zurückgegriffen werden.
Übersichtstabelle für die beiden Guiding-Varianten
Vorteile | Nachteile | |
Leitfernrohr |
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Off-Axis-Guider |
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