Einnorden mit der Scheiner-Methode

Ausrichtung mit Hilfe der Scheiner-Methode

Arbeitsschritte vor der Fehlerkorrektur

Wenn keine freie Sicht auf den Polarstern besteht und trotzdem für die Astrofotografie lange Belichtungszeiten realisiert werden müssen, kann die Methode des „Einscheinerns“ (benannt nach Julius Scheiner) genutzt werden.

Bevor mit dem sogenannten „Einscheinern“ begonnen werden kann, muss das Teleskop in den Nachführmodus gebracht werden. Dafür kann im Menü der Handsteuerbox z.B. von terrestrischer auf astronomische Beobachtung umgeschaltet werden, oder es gibt direkt den Befehl der Nachführung. Bietet das Menü diese Möglichkeit nicht, kann durch die näherungsweise Ausrichtung zu Beginn (siehe Menüpunkt ‚Vorgehensweise‘ – ‚Aufstellen und verkabeln‘), ein sogenanntes „Easy Align“ gestartet werden.
Die Montierung fährt nach Auswahl im Menü der Handsteuerbox dazu automatisch zwei Sterne an, die bestätigt werden müssen. (Für das Aufrufen des Befehls ist der jeweiligen Bedienungsanleitung der Montierung zu folgen.) Nach Anfahren des ersten Sterns startet die Nachführung automatisch. Hier sollte auch gleich fokussiert werden (siehe Menüpunkt ‚Vorgehensweise‘ – ‚Fokussieren mit der Bahtinov-Maske‘)

Anmerkung: Mitunter können im Menü der Handsteuerbox auch das „3-Star“ oder „1-Star-Alignment“ ausgewählt werden. Beim „3-Star Alignment“ werden mögliche Konusfehler (Orthogonalitätsfehler zwischen den Achsen und der optischen Achse des Tubus) sehr gut herausgerechnet. Das „1-Star Alignment“ ist etwas weniger genau.

Es wird dabei von folgenden Voraussetzungen bzw. Bedingungen ausgegangen: (siehe dazu Menüpunkt ‚Grundlagen‘ – ‚Theoretische Grundlagen zum Einscheinern‘)

    • Azimutkorrektur: Wahl eines Südsterns am Meridian (nicht im Zenit)
    • Polhöhenkorrektur: Wahl eines Sterns im Westen
    • Verwendung eines Okulars ohne Nutzung von Zubehörteilen (Zenitspiegel, Amici-Prisma oder ähnliches)

 

Korrektur des Azimutfehlers

SchrittBeschreibungDarstellung
(1)
  • aus der Home-Position das Teleskop entlang des Meridians bewegen
  • dazu die Gegengewichtsstange waagerecht legen
  • Da bei der darauffolgenden Polhöhenkorrektur ein Stern im Westen angefahren werden soll, sollte der Tubus auf der entgegengesetzten Seite im Osten liegen. [1]

Ungefähre Stellung des Teleskops beim Aufsuchen eines Sterns am Meridian im Süden nahe des Himmelsäquators [2]
(2)
  • bis zum Himmelsäquator schwenken
    (→ aus der Home-Position um 90° Richtung Süden oder den Tubus waagerecht nach Süden ausrichten, und dann das Teleskop um ‚90° - Polhöhe‘ nach oben schwenken)
  • einen geeigneten Stern in der Nähe vom Meridian (+/-1,5°) und dem Himmelsäquator (+/-5°) aussuchen [3]

Auswahl eines Sterns in der Nähe vom Meridian und des Himmelsäquators
(3)
  • Fadenkreuzokular mit einer Barlowlinse kombinieren (auf eine sinnvolle Vergrößerung achten: ca. 1,25 - 1,5 x Öffnung in mm) [1]
  • den ausgesuchten Stern durch Verdrehen der Deklinationsachse (manuell oder über Handsteuerbox) anfahren und zentrieren
  • Da in Richtung Süden geschaut wird, sind Osten links und Westen rechts!
Himmelsrichtungen sind wie mit bloßem Auge betrachtet eingetragen


Im Fadenkreuzokular zentrierter Stern

(4)
  • die waagerechte Linie des Fadenkreuzokulars parallel zur aktuellen Bewegung der Rektaszensionsachse ausrichten
  • mittels der Tasten der Handsteuerbox das Teleskop entlang der Rektaszension schwenken
  • Dabei wird das Okular so verdreht, dass sich der Leitstern entlang der waage-rechten Linie des Fadenkreuzes bewegt.
  • Wurde das Fadenkreuzokular erfolgreich ausgerichtet, darf es bis zum Ende des „Einscheinerns“ nicht mehr gedreht werden. [1]
Himmelsrichtungen sind wie mit bloßem Auge betrachtet eingetragen


Parallele Ausrichtung des Fadenkreuzokulars zum Himmelsäquator

(5a)
  • Der Leitstern wird über einen Zeitraum von ca. 10 Minuten durch das Fadenkreuzokular betrachtet.
  •  Ist die Montierung über die Azimutverstellung zu weit nach Osten gedreht, bewegt sich der Leitstern im Okular scheinbar nach Norden. [4]
  • Die Azimutverstellung wird von oben betrachtet im Uhrzeigersinn (gelber Pfeil) wieder in Richtung Meridian gedreht. [4]
  • Nach der Korrektur wird einige Minuten abgewartet, in welche Richtung sich der Stern aus dem Bild hinausbewegt und es wird entsprechend korrigiert. [3]
  • Dieser Vorgang wird so lange wiederholt, bis sich der Stern nicht mehr senkrecht zur Nachführrichtung aus dem Bild hinausbewegt, sondern im Zentrum entlang der waage­rechten Linie des Fadenkreuzokulars verbleibt. [3]
Ansicht durch das Faden-kreuzokular ist kopfstehend und seiten­verkehrt


Abdriften des Leitsterns Richtung Norden bei zu weit nach Osten verstellter Montierung


Korrektur der Azimutverstellung im Uhrzeigersinn, wenn die Montierung zu weit nach Osten verstellt ist [4]

(5b)
  • Der Leitstern wird über einen Zeitraum von ca. 10 Minuten durch das Fadenkreuzokular betrachtet.
  • Ist die Montierung über die Azimutverstellung zu weit in Richtung Westen gedreht, bewegt sich der Leitstern im Okular scheinbar nach Süden. [4]
  • Die Azimutverstellung wird (von oben betrachtet) entgegen dem Uhrzeigersinn (gelber Pfeil) wieder in Richtung Meridian gedreht. [4]
  • Nach der Korrektur wird einige Minuten abgewartet, in welche Richtung sich der Stern aus dem Bild hinausbewegt, und es wird entsprechend korrigiert. [3]
  • Dieser Vorgang wird so lange wiederholt, bis sich der Stern nicht mehr senkrecht zur Nachführrichtung aus dem Bild bewegt, sondern nur noch im Zentrum entlang der waagerechten Linie des Fadenkreuzokulars verbleibt. [3]
Ansicht durch das Faden-kreuzokular ist kopfstehend und seiten­verkehrt


Abdriften des Leitsterns Richtung Süden bei zu weit nach Westen verstellter Montierung


Korrektur der Azimutverstellung entgegen dem Uhrzeigersinn, wenn die Montierung zu weit nach Westen verstellt ist [4]

Quellen:
[1] https://www.sternfreunde-muenster.de/pdf/andromeda20071.pdf
[2] https://openphdguiding.org/PHD2_Drift_Alignment.pdf
[3] https://www.nies.ch/doc/astro/scheiner.pdf
[4] Baader Planetarium GmbH

 

Korrektur des Polhöhenfehlers

SchrittBeschreibungDarstellung
(1)
  • Aus der Position, die nach der Korrektur des Azimutfehlers besteht, wird das Teleskop entlang des Himmelsäquators nach Westen geschwenkt.
  • dazu die Tasten der Handsteuerbox nutzen

Ungefähre Stellung des Teleskops beim Aufsuchen eines Sterns am Himmelsäquator im Westen [1]
(2)
  • einen geeigneten Stern im Bereich von 20° bis 30° über dem Horizont und in der Nähe des Himmelsäquators (+/-5°) aussuchen [2]

Auswahl eines Sterns 20° - 30° über dem Horizont und in der Nähe des Himmelsäquators
(3)
  • Durch die Rotationsbewegung über die Rektaszensionsachse ist das Fadenkreuzokular verkippt und darf nicht gedreht werden.
Himmelsrichtungen sind wie mit bloßem Auge betrachtet eingetragen


Im Fadenkreuzokular zentrierter Stern

(4a)
  • Der Leitstern wird über einen Zeitraum von ca. 10 Minuten durch das Fadenkreuzokular betrachtet.
  • Ist die Montierung über die Polhöhenverstellung zu flach ausgerichtet, bewegt sich der Leitstern im Okular scheinbar nach Norden. [3]
  • Über die Polhöhenverstellung muss das Teleskop in diesem Fall steiler gestellt werden. [3]
  • Nach der Korrektur wird einige Minuten abgewartet, in welche Richtung sich der Stern aus dem Bild hinausbewegt und es wird entsprechend korrigiert. [2]
  • Dieser Vorgang wird so lange wiederholt, bis sich der Stern nicht mehr senkrecht zur Nachführrichtung aus dem Bild bewegt, sondern nur noch im Zentrum entlang der Ost-West-Linie des Fadenkreuzokulars verbleibt. [2]
Ansicht durch das Faden-kreuzokular ist kopfstehend und seiten­verkehrt


Abdriften des Leitsterns Richtung Norden bei zu flach eingestellter Montierung

Korrektur der Polhöhenverstellung, wenn die Montierung zu flach eingestellt ist [3]

(4b)
  • Der Leitstern wird über einen Zeitraum von ca. 10 Minuten durch das Fadenkreuzokular betrachtet.
  • Ist die Montierung über die Polhöhenverstellung zu steil aus­gerichtet, bewegt sich der Leitstern im Okular scheinbar nach Süden. [3]
  • Über die Polhöhenverstellung muss das Teleskop in diesem Fall flacher gestellt werden. [3]
  • Nach der Korrektur wird einige Minuten abgewartet, in welche Richtung sich der Stern aus dem Bild hinausbewegt und es wird entsprechend korrigiert. [2]
  • Dieser Vorgang wird so lange wiederholt, bis sich der Stern nicht mehr senkrecht zur Nachführrichtung aus dem Bild bewegt, sondern nur noch im Zentrum entlang der Ost-West-Linie des Fadenkreuzokulars verbleibt. [2]
Ansicht durch das Faden-kreuzokular ist kopfstehend und seiten­verkehrt


Abdriften des Leitsterns Richtung Norden bei zu flach eingestellter Montierung


Korrektur der Polhöhenverstellung, wenn die Montierung zu flach eingestellt ist [3]

Quellen:
[1] https://openphdguiding.org/PHD2_Drift_Alignment.pdf
[2] https://www.nies.ch/doc/astro/scheiner.pdf
[3] Baader Planetarium GmbH

 

Wird das Teleskop nicht demontiert, kann am Ende einer Betrachtungsphase die Montierung über das Handsteuergerät in die Parkposition gefahren werden (falls diese über die Handsteuerbox nicht schon eingespeichert wurde), und die Montierung speichert die Einnordung.
Beim Abbauen des Teleskops sollte so wenig wie möglich verstellt werden. Von den Azimutschrauben sollte nur eine gelöst werden. So muss beim nächsten Beobachten kaum noch etwas nachjustiert werden.