Bildaufnahmen mit N.I.N.A. und Guiding mit PHD2

Bildaufnahmen mit N.I.N.A. und Guiding mit PHD2

Nachdem das Teleskop ausgerichtet und fokussiert ist, kann eine Aufnahmereihe gestartet werden. Nachfolgend wird dies an Hand der Programme N.I.N.A. und PHD2 beschrieben. (Es kann aber auch jede andere Aufnahmesoftware verwendet werden. Hier hat jeder Astrofotograf seine eigenen Präferenzen.)

Das Programm N.I.N.A. ist ein kostenfreies Programm, welches alle benötigten Funktionen und automatisierte Abläufe integriert hat und eine große Unterstützung für den Astrofotografen ist. Heruntergeladen werden kann es unter https://nighttime-imaging.eu/download/. Es empfiehlt sich die Beta Version zu verwenden, da in dieser alle Funktionen freigeschaltet sind.
Auch PHD2 ist ein kostenfreies und weit verbreitetes Programm zum Guiden und kann unter https://openphdguiding.org/downloads/ heruntergeladen werden.

Im Folgenden werden die grundlegenden, für die ersten Aufnahmen, notwendigen Einstellungen gezeigt (N.I.N.A. Version 2.0 HF1, PHD2 Version 2.6.11).

Nach dem Start erscheint folgende Ansicht:

Links befindet sich die Menüleiste (dunkelblau hinterlegt) mit den benötigten Funktionen. Rechts daneben befinden sich die zum jeweiligen Hauptmenüpunkt gehörenden Untermenüpunkte (hellblau hinterlegt). Im abgebildeten Fall sind alle Untermenüpunkte der Ausrüstung aufgelistet (rotes langes Rechteck). Über die Buttons im grünen Rechteck kann die Ausrüstung (einzeln – oberes Rechteck, oder alle gleichzeitig – unteres Rechteck) mit der Software verbunden werden.

 

1) Start mit dem Menüpunkt ‚Optionen‘ – ‚Allgemein‘

Hier können die allgemeinen Programmeinstellungen sowie der Beobachtungsstandort definiert werden. Sind Abbildungen beim Anzeigen im Sternenatlas gewünscht (grünes Rechteck), können diese unter https://nighttime-imaging.eu/download/ heruntergeladen werden. Der Speicherort wird rechts oben eingegeben.

 

2) Eingabe der Ausrüstungsspezifikationen ‚Optionen‘ – ‚Ausrüstung‘

In diesem Menüpunkt werden die Spezifikationen für die verwendete Kamera und das Teleskop eingegeben. Bei der Brennweite ist zu beachten, dass Reducer oder Barlowlinsen mit einzurechnen sind. Auf diesen Wert greift das Programm beim Plate Solving zurück.

 

3) Eingabe der Aufnahmeoptionen ‚Optionen‘ – ‚Aufnahmen‘

Unter diesem Menüpunkt können Vorgaben dazu gemacht werden, aus welchen Bestandteilen sich der Bildname zusammensetzen soll. So kann individuell festgelegt werden, welche Informationen im Bildnamen sind, so dass auch Monate später noch nachvollzogen werden kann, mit welchen Einstellungen das Bild entstanden ist. Hier wird auch der Speicherort der Aufnahmen definiert.

Der Vorschlag in diesem Bild ist zum Beispiel:

Datum_Belichtungszeit_Binning_Gain_Offset_Sensortemperatur_Objektname_Bildnummer.fits

Es kann aber aus der darunter stehenden Liste beliebig zusammengesetzt werden, zum Beispiel um noch Filternamen oder Bildtypen wie Dark-Frames und Flat-Frames mit in dem Namen zu integrieren.

Auf der rechten Seite können Angaben für den automatischen Meridian Flip definiert werden, hier genügen aber vorerst die Standardeinstellungen. (Die Seite des Piers gibt an, auf welcher Seite sich gerade das Teleskop gerade befindet. Es gibt anscheinend Montierungen, bei denen das falsch definiert ist. Für diesen seltenen Fall kann der Schieber auf ‚ON‘ gesetzt werden.)

Eine kurze Erläuterung zum Meridian Flip: Der Meridian ist eine genau senkrecht über dem Beobachtungspunkt vom Nord- zum Südpol verlaufende, gedachte Himmelslinie (siehe Menüpunkt ‚Komponenten‘ – ‚Montierung und Stativ‘). Das Teleskop folgt den Objekten auf Grund der Erdrotation mit Hilfe der motorisierten Drehbewegung der Rektaszensionsachse während der Aufnahmenacht von Osten nach Westen.


Würde ein Tubus die Lage wie in der linken Abbildung behalten und weiter dem Objekt folgen, würde er nach kurzer Zeit, nachdem der Meridian passiert wurde, an ein Stativbein stoßen. Um dies zu verhindern, wechselt das Teleskop beim Passieren der gedachten Meridianlinie die Seite. Die Bildorientierung ist danach zwar um 180° gedreht, aber die Stackingsoftware beachtet das automatisch und legt die Bilder richtig übereinander.

 

4) Eingabe der Aufnahmeoptionen ‚Optionen‘ – ‚Plate Solving‘

Im Reiter ‚Plate Solving‘ sollten die Einstellungen für ASTAP (Offline Datenbank) übernommen werden. Die Installation dafür ist im Menüpunkt ‚Vorgehensweise‘ – ‚Einnorden‘ – ‚Einnorden mit N.I.N.A. mittels Plate Solving‘ zu finden. Rechts können noch die Parameter wie Belichtungszeit und Gain für das Plate Solving der Aufnahmereihe eingestellt werden. Der Gain kann auch noch höher gewählt werden, die Belichtungszeit ist abhängig vom verwendeten Filter.

 

5) Verbinden der Kamera unter ‚Ausrüstung‘ – ‚Kamera‘

Nach dem Einstellen der Optionen werden nun die Komponenten mit der Software gekoppelt. Die erste Komponente im Untermenü ist die Kamera. Wurden die ASCOM-Treiber installiert (siehe Menüpunkt ‚Vorgehensweise‘ – ‚Aufstellen und Verkabeln‘) kann am oberen Bildschirmrand die entsprechende Kamera gewählt und über den rechten Button verbunden werden. Rechts außen ist es möglich, die Kühlung manuell zu starten. Links unten müssen noch die Werte für Gain und Offset definiert werden.

 

6) Verbinden der Montierung unter ‚Ausrüstung‘ – ‚Teleskop‘

Unter diesem Menüpunkt muss lediglich die Montierung ausgewählt und verbunden werden.

 

7) Verbinden der Guiding-Software unter ‚Ausrüstung‘ – ‚Guiding‘

Zum Guiden wird die weit verbreitete kostenfreie Software PHD2 verwendet. Um diese in N.I.N.A. verwenden zu können, müssen in PHD2 noch ein paar Einstellungen vorgenommen werden.

Unter ‚Guide‘ – ‚Connect Equipment‘ werden die Guiding-Kamera und die Montierung eingestellt und verbunden.


Ebenfalls unter dem Menüpunkt ‚Guide‘ können für ‚Advanced Settings‘ folgende Einstellungen empfohlen werden. Diese variieren bei verschiedenen Gegebenheiten, Aufbauten und Komponenten und sind keine fixen Werte.

 

Für eine erfolgreiche Kommunikation zwischen PHD2 und N.I.N.A. ist es notwendig unter ‚Tools‘ den Punkt ‚PHD-Server aktivieren‘ auszuwählen.


Damit die Guiding-Kamera ordnungsgemäß funktioniert, benötigt sie Dark-Frames, um den möglicherweise entstehenden Dunkelstrom, oder Hot- und Dead-Pixel herauszurechnen, damit diese nicht als Sterne ermittelt werden. Die Aufnahmeserie der Dunkelbilder wird über den Menüpunkt ‚Dunkelbilder‘ – ‚Dunkelbildbibliothek‘ gestartet.


Anschließend werden über das Anklicken des gelben Sterns (unten links im Hauptfenster) automatisch ein oder mehrere Leitsterne ausgewählt.


Hat PHD2 Leitsterne erfolgreich gefunden, muss das Programm noch kalibriert werden. Es lernt dabei die Bewegungsschritte der Montierung ein und kann so kleinere Getriebe und/oder Schneckenfehler korrigieren. Gestartet wird die Kalibrierung, indem bei gedrückter Shift-Taste das grüne Zielkreuz angeklickt wird.


Nach der Kalibrierung startet die Nachführung automatisch. Um zu überprüfen, ob die gewählten Algorithmuswerte passen, kann unter ‚Tools‘ der ‚Nachführassistent‘ gestartet werden.


Nach erfolgreichem Durchlauf, gibt der Assistent Empfehlungen aus.


Ein aus solchen Einstellungen resultierendes Guiding könnte dann so aussehen:

 

In N.I.N.A. kann nun im Menüpunkt ‚Ausrüstungen‘ - ‚Guider‘ PHD2 als Software ausgewählt werden. Mit Klick auf den Button mit dem Einstellrädchen wird der Installationspfad der Guiding-Software angegeben. So kann N.I.N.A. beim erneuten Öffnen die Guiding-Software selbständig starten und mit ihr kommunizieren.


Mit einem Klick auf den ‚Verbinden‘-Button verbindet sich N.I.N.A. mit PHD2 und es erscheint im rechten oberen Teil noch ein Einstellungsfenster.

Hier werden Parameter für das Dithering (engl. Zittern) definiert. Beim Dithering wird das Bildfeld nach einer oder mehrerer Aufnahmen ein kleines Stückchen versetzt. Dadurch wird erreicht, dass Sterne nicht mehr auf den gleichen Pixeln landen. Hot- oder Dead-Pixel, die durch Dark-Frames doch nicht herausgerechnet wurden, können so erkannt werden, da diese Hot- oder Dead-Pixel im Gegensatz zu den Sternen immer auf demselben Pixel verbleiben. Die Stacking-Software erkennt diese Hot- oder Dead-Pixel dann einwandfrei und kann sie entfernen.

Dieses Versetzten muss aber der Guiding-Software mitgeteilt werden, sonst würde sie diesen Versatz durch Kommandobefehle an die Montierung wieder ausgleichen wollen. Kennt Sie den Versatz, kann sie den Leitstern um dieses Wert versetzten und anschließend mit dem Guiding fortfahren. Der optimale Versatz kann mit dem Berechnungstool ‚Dithering‘ im Menüpunkt ‚Tools‘ ermittelt werden. Dort sind auch weitere Erläuterungen zu finden.

Nun sind alle nötigen Komponenten miteinander verbunden, und es kann mit den Aufnahmen begonnen werden. N.I.N.A. bietet dazu einen komfortablen, aber einen zu Beginn etwas schwer zu verstehenden Ablauf an – den Advanced Sequenzer.

 

8) Verwendung des Advanced Sequencers über ‚Sequencer‘ – ‚Advanced Sequencer‘

Über den Advanced Sequencer können alle Arbeitsschritte für eine Aufnahmereihe definiert werden. Es ist möglich sich einen eigenen Ablauf zusammenzustellen, der dann immer wieder verwendet werden kann.

 

Hierfür können die benötigten Arbeitsschritte auf der rechten Seite in den linken freien Bereich gezogen und miteinander kombiniert werden. Nachfolgend wird ein möglicher Ablauf vorgeschlagen, der auch abgeändert werden kann.

 

Dieser Ablauf kann folgendermaßen beschrieben werden:

Für ein Standardziel führe folgende Instruktionen aus:

  • Schwenke zum Ziel und zentriere es
  • Starte anschließend das Guiding
  • Führe nun einen sequentiellen Schleifendurchlauf aus, der folgendes beinhaltet:
      • Belichte 180s bei vorgegebenem Binning und Gain
      • Wiederhole diese Belichtung bis zu einer definierten Uhrzeit (hier Mitternacht)
      • Es gibt Auslöser, die diesen Vorgang unterbrechen dürfen:
          • Nach 5 Belichtungen füge ein Dithering ein (Bildversatz)
          • Nach dem Überqueren des Meridians führe einen Meridian-Flip aus
          • Starte nach dem Flip wieder das Guiding
  • Ist die Uhrzeit im sequentiellen Schleifendurchlauf erreicht, dann stoppe Guiding
  • Stoppe die Kamerakühlung
  • Fahre das Teleskop in die Parkposition

 

Dieser Ablauf kann gespeichert werden und ist danach unter den Vorlagen wiederzufinden.

 

Dort können auch Vorlagen abgelegt werden, die hilfreich für die Kalibrierungsbilder sind.

Eine Sequenz zum Aufnahme von Bias-Frames:


Eine Sequenz zum Aufnahme von Dark-Frames:


Eine Sequenz zum Aufnahme von Flat-Frames:


Eine Sequenz zum Aufnahme von Darkflat-Frames:
Für die Erstellung von Flat-Frames ist es hilfreich, sich vorher unter dem Menüpunkt ‚Aufnahmen‘ das aktuelle Bild des Flat-Frames anzusehen.

Oben rechts kann eine Belichtungszeit für die Flat-Frames eingestellt werden. Der Befehl ‚Durchrotieren‘ bedeutet, dass die Bilder ohne Unterbrechung aufgenommen werden. Nun kann durch Anpassen der Zeit oder durch Verstellen der Helligkeit der Flatfieldmaske solange die Helligkeit im Bild angepasst werden, bis das Histogramm im Statistikfenster ungefähr in der Mitte liegt. Ist dies erreicht, kann die Sequenz für die Flat-Frames gestartet werden.

Alternativ kann auch der ‚Flatassistent‘ verwendet werden, der automatisch die optimale Belichtungszeit ermittelt.

Im Fenster werden die Anzahl der Flat- und Darkflat-Frames festgelegt und anschließend der ‚Play-Button‘ geklickt.

 

9) Auswahl und Planung eines Objekts

Die Auswahl und Planung eines Objekts soll hier beispielhaft an M1 (Krebsnebel) gezeigt werden.

Objekte können unter dem Menüpunkt ‚Sternenatlas‘ ausgewählt werden.

Das Objekt kann oben links direkt gesucht werden, oder es können Parameter (wie max. Höhe am Himmel, nur Galaxien u.s.w.) für Objekte eingegeben werden. Rechts erscheinen dann alle passenden Objekte. Ist der Sternenatlas, wie in Punkt 1 beschrieben, heruntergeladen worden, sind hier nun auch schwarz-weiß Bilder zu sehen.

Das Objekt kann nun direkt zu der in Punkt 8 angelegten Sequenz hinzugefügt, oder in einem Bildausrichtungsassistenten dargestellt werden. In diesem kann die Kameraposition noch angepasst werden. Das Bild wird automatisch im Menüpunkt ‚Rahmung‘ dargestellt.

Um die richtige Bildfeldweite dargestellt zu bekommen, müssen noch die richtigen Kameraparameter eingestellt werden.

Ist alles wie gewünscht eingestellt, kann das Objekt zur vorher definierten Sequenz hinzugefügt oder als Ziel gespeichert werden.


Wurde das Objekt zum Standardziel hinzugefügt, kann es unter dem Reiter ‚Ziele‘ beim Sequenzer wiedergefunden werden.

Durch Hereinziehen mit der Maus in den linken Bereich wird die Sequenz geöffnet.

 

Durch Drücken des Start-Buttons startet die Aufnahmeserie, und es entstehen die ersten Bilder eines Deep Sky Objekts.